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Welche Verluste beobachten wir?

Biodiversität

Beginnen wir positiv: Mit Kranich und Wolf sind charismatische und faszinierende Tiere nach Deutschland zurückgekehrt. Zwar verursacht der Wolf sehr ernst zu nehmende Konflikte, aber seine positive Wirkung auf die Naturverjüngung der Wälder ist gut belegt. Der Seeadler hat sich von seinen dramatischen Verlusten erholt und brütet in Deutschland wieder mit knapp 1000 Brutpaaren. Auch Wildkatze und Luchs können dank gezielter Artenschutzmaßnahmen wieder in manchen Mittelgebirgsregionen nachgewiesen werden. Diese positiven Beispiele sind jedoch leider Ausnahmen.

Für eine große Zahl der Tier- und Pflanzenarten in Deutschland ist die Situation besorgniserregend. Hier zeigen wir dies exemplarisch für fünf Arten:

Biodiversität
Der Feldhamster

Ehemals weit verbreitet, hat sich die Situation des Feldhamsters drastisch verschlechtert. So ist er in Nordrhein-Westfalen seit 2017 ausgestorben. Intensive Landwirtschaft, der großflächige Anbau von Weizen, Silomais und Raps sowie die Bebauung landwirtschaftlicher Flächen sind die Hauptursachen für das Verschwinden des Feldhamsters (weitere Informationen: Rote Liste-Zentrum).

Biodiversität
Die Bachforelle

Früher waren vor allem die Wasserqualität und Verbauung der Gewässer mit Wehren und Staustufen ein Problem für die Forelle. Heute ist es der Klimawandel, d. h. Wasserknappheit und zu hohe Wassertemperaturen sowie die Verdrängung durch die Regenbogenforelle aus Zuchten. Die Bachforelle wurde im Jahr 2023 erstmals in die „Rote Liste“ bedrohter Arten aufgenommen. (Weitere Informationen zur Situation der Süßwasserfische:
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei).

Biodiversität
Arnika

Arnika ist eine Blütenpflanze frischer Mähwiesen im Bergland. Weil große Teile ihres Verbreitungsgebietes in Deutschland liegen, haben wir eine besondere Verantwortung zur Erhaltung dieser Arzneipflanze. Die in Arnika enthaltenen ätherischen Öle wirken entzündungshemmend und antiseptisch. Düngung und der Eintrag von Stickstoff aus der Luft haben zu Bestandsrückgängen geführt.

(vgl. auch https://arnikaprojekt-hof.de/)

Biodiversität
Der Apollo-Falter

Der Apollo-Falter besiedelt die steilen und oft wenig bewachsenen Hänge entlang der Mosel und Kalkschuttfluren in Mittel- und Hochgebirgen. Insbesondere aufgrund der Vorkommen an der Mosel kann auch er als eine deutsche „Verantwortungsart“ betrachtet werden. Die Verbuschung seiner Lebensräume, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in den Weinanbaugebieten und die immer trockeneren Sommer haben zu dramatischen Rückgängen geführt. So stehen die Populationen des Mosel-Apollos vor dem Aussterben. (Weitere Informationen zum Schmetterling des Jahres 2024 finden sich beim NABU).

Biodiversität
Geburtshelferkröte

Keine Amphibienart kümmert sich so fürsorglich um ihren Nachwuchs wie die Geburtshelferkröte. Die Männchen tragen die Eier mit sich, bis aus diesen die Larven schlüpfen. Der Rückgang extensiver Beweidung und der Verlust von Habitaten in Dörfern und auf Höfen haben dazu geführt, dass der Status der Geburtshelferkröte von „gefährdet“ auf „stark gefährdet“ heraufgestuft wurde (Artenportrait beim NABU).

Vögel sind auffällige Tiere und begeistern viele Menschen. Auch durch die vielen Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler liegen zu Vögeln die umfassendsten Daten zur Bestandssituation in Deutschland vor; Vögel werden seit vielen Jahren repräsentativ und mit einheitlicher Methodik gezählt.

In Deutschland haben in 36 Jahren die Bestände der Vögel, die auf Äckern, Wiesen und Weiden leben, um ca. 40 % abgenommen.

Besonders dramatische Rückgänge gibt es bei Kiebitz (- 93 Prozent), Rebhuhn (- 91 Prozent) und Feldlerche (- 50 Prozent). Dies bedeutet konkret, dass in der deutschen Agrarlandschaft rund vier Millionen Brutvögel verschwunden sind. Hochrechnungen zeigen, dass Deutschland zwischen 1992 und 2016 insgesamt rund 14 Millionen Brutvögel verloren hat.

Faktencheck Artenvielfalt in Deutschland

Wie ist der Zustand der Natur in Deutschland? Diese Frage wurde im „Faktencheck Artenvielfalt“ von über 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nach jahrelanger Analyse beantwortet. Über die Hälfte der Lebensraumtypen Deutschlands sind in einem ungünstigen Zustand. Besonders besorgniserregend ist die Situation der Lebensraumtypen im Grünland, auf ehemals artenreichen Äckern, in Mooren, Sümpfen und Quellen. Die Bestände vieler Tier- und Pflanzenarten sind rückläufig. Ein Drittel der untersuchten Arten ist in ihren Beständen gefährdet. Stark gefährdet sind viele Reptilien- und Amphibienarten sowie zahlreiche Insektenarten.

Zur Zusammenfassung des Faktencheck Artenvielfalt

Weltweit haben sich die Bestände von Vögeln, Säugetieren, Reptilien und Amphibien in den letzten 50 Jahren um mehr als 60 Prozent reduziert (WWF Living Planet Index). Von den geschätzt acht Millionen Arten (IPBES Global Assessment 2019) sind in den nächsten Jahrzehnten etwa eine Million vom Aussterben bedroht, wenn wir nicht gegensteuern. Am höchsten ist die Gefährdung bei Palmfarnen (70 Prozent), Amphibien (41 Prozent) sowie Haien und Rochen (37 Prozent). Zugleich sind von den geschätzt acht Millionen Arten erst zwei Millionen beschrieben und somit bekannt.